Interview mit Karina Lehmann:

Nachgefragt!

Von und über deutsche Frauen in Bangkok.


Karina Lehmann, Programmkoodinatorin Deutsches Rotes Kreuz


Warum haben Sie sich für ein Leben in Thailand entschieden?


Es war weniger eine Entscheidung, in Thailand zu leben, als die Entscheidung, für eine internationale Organisation zu arbeiten, die ich schon viel früher gefällt hatte. Während meines Jurastudiums habe ich einen Auslandsaufenthalt in Südafrika gemacht, und habe dabei meine Affinität zu Völkerrecht und internationalen Rechtsfragen entdeckt. Danach habe ich meine weitere Studienzeit sowie meine berufliche Laufbahn ausgerichtet. So habe ich eine Zeitlang für eine Menschenrechtsorganisation in Südamerika gearbeitet, mein Referenderiat bei der UN gemacht und schließlich nach dem Zweiten Staatsexamen beim Technischen Hilfswerk in Bonn, bei einer Abteilung für Nothilfe nach Katatrophen, angefangen. In dieser Zeit bin ich für viele Projekte ins Ausland gereist, habe aber in Bonn gelebt. Schließlich habe ich mich dann entschlossen, ganz ins Ausland zu ziehen, um direkt vor Ort tätig zu werden. Ich habe mich beim Deutschen Roten Kreuz beworben, unter anderem auch, weil es sich dabei um eine Organisation handelt,  die zwar deutsch, aber international vernetzt ist. Meine Aufgaben hier sind sehr weitläufig, und betreffen vor allem die Koordination und Durchführung von Projekten. Diese umfassen nicht nur Thailand, sondern ganz Südostasien. Sie reichen von Landminenprojekten in Kambodscha über Tsunamiprojekte in Sri Lanka bis hin zur Rekrutierung von ehrenamtlichen Mitarbeitern in ganz Südostasien. Ich habe mich also nicht für ein Leben in Thailand entschieden, sondern für meinen Traumjob.

Sie waren in vielen unterschiedlichen Erdteilen tätig, unter anderen in Südamerika und Afrika. Worin besteht der Unterschied in einem Leben in einem der Länder dieser Kontinente und einem Leben in Thailand?

Ein großer Unterschied ist die Sicherheit. Ich kann in Bangkok zu jeder Tag und Nachtzeit allein herumgehen, ohne dass ich Sorge um mein Leben haben müsste.  Auch geniesse ich die höfliche Distanz der Leute hier, die ist zum Beispiel in Südafrika nicht gegeben. In Thailand wird meine Privatsphäre trotz meiner Andersartigkeit respektiert. Und das macht ein Leben hier sehr angenehm.

Haben Sie Heimweh?

Nein, noch nicht, ich bin aber auch noch nicht lange hier, erst vier Monate. Aber ich vermisse klirrende Kälte und Schnee unglaublich, und die Möglichkeit, entspannt  draußen Sport zu treiben.

Macht ein Leben im Ausland einsam?

Nein, das nicht. Ich habe schnell neue Freunde unter meinen Kollegen gefunden, die aus verschiedenen Kulturen kommen. Ich gehe gerne mit ihnen aus oder zum Essen. Ich habe zum Beispiel mit meinen thailändischen Kollegen zum chinesischen Neujahrsfest einen Ausflug gemacht. Außerdem bin ich, das bringt meine Arbeit mit sich, sehr viel mit Menschen zusammen. Denn bei meiner Arbeit geht es ja vor allem um Menschen und eine gemeinsame Problemlösung.

Napparat Kittisopatul, Germanistikstudentin, Thammasat UniversitÄt

Warum studieren Sie Germanistik?

Ich wollte unbedingt Deutsch lernen, weil mir Englisch sehr leicht gefallen ist, und ich dachte mir, Deutsch kann dann ja auch nicht schwer sein. Vor allem wird es nur von sehr Wenigen hier in Thailand gesprochen, so habe ich vielleicht gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Denn schließlich gibt es ja einige sehr große und etablierte deutsche Unternehmen. Es hat sich aber als viel schwieriger herausgestellt. Das Deutsch lernen ist mir aber auch viel wichtiger geworden, als ich gedacht hätte. Schicksal vielleicht.

Inwiefern wichtig?

Ich habe unglaublich enge deutsche Freundinnen gefunden, die mir sehr wichtig geworden sind. Ich bin Tutorin an der Thammasat Universität für deutsche Austauschstudentinnen und habe so deutsche Frauen und natürlich auch deren Bekannte kennengelernt. Und einige dieser Frauen, die hier in Bangkok leben sind mir im Laufe der Zeit wichtige, und vertraute Menschen geworden.

Was schätzen Sie so an ihren deutschen Freundinnen hier?

Sie sind alle sehr stark, auch sehr ernst und scheuen sich vor Nichts. Sie haben kaum Angst vor irgendetwas, und vor allem nicht davor, ihr Gesicht zu verlieren. Das ist ein großer Unterschied zu meinen thailändischen Freundinnen. Man kann vieles mit ihnen unternehmen, von Ausgehen über Wegfahren bis hin zu stundenlangen Gesprächen. Die deutschen Frauen, mit denen ich befreundet bin, sind unglaublich ehrliche Menschen. Es gibt kein Gesprächsthema, das tabu ist. Man bekommt auch immer eine ernstgemeinte und offene Antwort auf die Dinge, die einen beschäftigen. Selbst wenn ich es vielleicht nicht immer hören möchte. Ist man mit ihnen befreundet, so nehmen sie die Freundschaft unglaublich ernst und stehen zu einem in jeder Situation.

Sie waren schon in Deutschland. Ist es schwieriger für eine deutsche Frau in Thailand, oder für eine thailändische Frau in Deutschland?

Das kann man so gar nicht sagen.  Es sind ganz unterschiedliche Sachen, die schwierig sind und Probleme bereiten. Auf den ersten Blick ist es in Thailand für eine deutsche Frau wenig schwierig, sie kann sich sehr viele Sachen leisten, weil alles sehr günstig für sie ist. Sie wird auch weitestgehend in Ruhe gelassen, weil die meisten Thais eher Respekt vor ihrer Erscheinung haben. In Deutschland muss eine thailändische Frau auf ihr Geld achten, alles ist sehr teuer, ausserdem ist der Ruf thailändischer Frauen nicht gerade gut in Deutschland, besonders bei deutschen Frauen. Auf den zweiten Blick stellt sich das Leben einer deutschen Frau in Thailand aber auch schwierig dar. Sie bekommt nicht wirklich Zugang zu thailändischen Freunden. Jeder redet zwar mit ihr und mag etwas unternehmen, aber eine offene und ernste Freundschaft, wie sie sie aus Deutschland gewohnt ist, bekommt sie selten. Mir fiel es in Deutschland zunächst schwer, Freunde zu finden. Als ich aber meine ersten Bekanntschaften machte, wurden daraus sehr enge und tiefe Freundschaften.

Jacqueline-Maria Hitzler

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