Reise zu den Moken
Eine Fahrt zu den Surin-Inseln, 80 Kilometer vor der Westküste Thailands. Hier leben die Seezigeuner, Moken genannt – eines der letzten echten Naturvölker der Welt.
Die Moken leben in Ihren Hausbooten auf dem Indischen Ozean, und nur während der Regenzeit suchen sie Schutz auf den Surin Inseln. Ihr wahres Zuhause ist das Meer, und deshalb ist das Leben der Moken auch so außergewöhnlich. Sie kennen das Meer so gut, dass sie den Tsunami voraussahen. Moken können unter Wasser ohne Taucherbrille scharf sehen. Und weil sie ständig mit ihren Booten auf dem Indischen Ozean unterwegs sind, hat ihr Eheleben ganz besondere Regeln.
Als am 26. Dezember 2004 der Tsunami Thailand traf wurde auch das Stelzendorf der Moken komplett zerstört. Die junge Moken-Frau Pen zeigt uns vom Boot aus einen leeren Strand: „Hier stand unser Dorf.
Zwanzig Hütten in drei Reihen. Die vorderen standen im Wasser. Da kann man noch die Pfähle sehen. Die Welle hat nichts übrig gelassen.“
Als die Welle das Dorf traf, waren die Seezigeuner aber alle schon längst nicht mehr in ihren Hütten, sondern in Sicherheit oben auf dem Berg. Pa Thong ist einer der Alten, wie alt genau, weiß er selber nicht. Ihm hat der Stamm der Moken das Überleben zu verdanken. „Ich fahr zwar nicht mehr fischen, dazu bin ich schon zu alt. Aber ich kenne das Meer. Als ich gesehen habe, dass das Wasser verschwindet, hab ich allen gesagt, wir müssen jetzt rauf auf den Berg. Von oben haben wir dann drei große Wellen gesehen, die unser Dorf komplett zerstört haben.“
Zweihundert Moken wohnen momentan in dieser kleinen provisorisch neu gebauten Siedlung. Eigentlich sind sie Halbnomaden. Mit ihren Booten fahren sie über die Andamanensee, bis Burma hoch und runter nach Indonesien – Tausende Quadratkilometer Raum. Vor einigen Jahren entdeckte die schwedische Wissenschaftlerin Anna Gislen ein Phänomen. Mit den Kindern der Seenomaden tauchte sie um die Korallen. Die Kinder hatten ihren Spaß; immer wieder stießen sie hinab, zielgenau, brachten Kiesel vom Grund. Erst an Land merkte sie, was die Steinchen wirklich waren: winzige Muscheln! Wie hatten die Kinder das erkennen können? Das menschliche Auge funktioniert normalerweise nur über Wasser, unter Wasser verliert es zwei Drittel seiner Sehfähigkeit. Das liegt daran, dass unter Wasser das Licht gedämpfter ist. Normalerweise vergrößern sich deshalb die Pupillen automatisch. Die Mokenkinder können aber ihre Pupille verkleinern: Wie bei einer Kamera, deren Blendenwert klein gestellt ist, erhöhen sich Tiefenschärfe und Auflösung. Bei den Mokenkindern in extremer Weise. 1,96 Millimeter – so ein kleiner Pupillenwert ist bislang für unmöglich gehalten worden. Zwei bis drei Moken-Familien teilen sich solch ein Boot und leben von dem, was ihnen das Meer gibt. Fische, Muscheln und Seegurken. Nur der Monsun treibt sie jedes Jahr nach Surin, dort bieten ihnen die Hütten Schutz vor Regen und Wind.
Salama ist der Häuptling der Moken: „Während der Regenzeit können wir nur hier in der Bucht fischen. Da gibt es nur kleine Fische oder wir setzen uns mit einer Angel da hinten auf die Felsen!“ Seine Frau Mi Sia webt während der Regenzeit Strohmatten und erklärt ein bisschen das Leben der Moken, die zum Beispiel keinerlei Zeitgefühl haben. „Ich habe keine Ahnung wie alt ich bin, meine Eltern konnten mir das auch nicht sagen. Das ist mit den Kindern heute auch so. Wir können sagen ob sie tagsüber oder nachts geboren wurden, aber so etwas wie Wochentage, Monate und Jahre wissen wir nicht.“ Mi Sia selbst hat neun Kinder und ihren Mann hat sie kennen gelernt, als das Boot ihrer Eltern zufällig dem Boot seiner Eltern begegnete. Seit dem ist er immer wieder zu ihr zurückgekommen, was bei den Moken nicht selbstverständlich ist. „Wenn ein Mann zum Fischen raus fährt, sagt er seiner Frau, wie lange er weg bleibt, also zum Beispiel zwei oder drei Tage. Wenn er dann aber zum verabredeten Zeitpunkt nicht zurückkommt, muss die Frau sieben Tage auf ihn warten. Die anderen Männer fahren dann raus und suchen nach ihm, aber sie bleibt im Dorf. Und wenn er nach sieben Tagen noch immer nicht aufgetaucht ist, braucht sie nicht mehr auf ihn warten, dann kann sie sich einen Neuen suchen.“ Der Tsunami hat nicht nur das alte Moken Dorf, sondern auch viele der Hausboote zerstört. Die Seezigeuner nutzen die Regenzeit, um neue Boote zu bauen und warten jetzt darauf, wieder zurückkehren zu können – nach Hause aufs Meer.
Die Surin Inseln bestehen aus fünf Inseln: Ko Surin Nua, Ko Surin Tai, Ko Torinla, Ko Pachumba und Ko Chi. Außerdem zählt man die kleine Felseninseln Castle Rock und Richelieu Rock dazu. Richelieu Rock ist Teil des Surin-Nationalparks, gehört geographisch nicht zu der Inselgruppe. Ko Surin Yai ist 12 km2 groß und beherbergt den höchsten Punkt mit 350 m Höhe. Die Nachbarinsel Ko Surin Nua ist bei Ebbe zu Fuß zu erreichen, bei Flut werden die beiden Inseln durch eine 110 m schmale Durchfahrt getrennt. Die Surin Inseln sind als hervorragendes Tauchrevier bekannt und besonders beliebt, weil nicht allzu viele Besucher kommen. Rund um die Inseln kann man Manta Rochen, Walhaie und Leopardenhaie bewundern. Die rote Korallenwelt ist weitgehend unbeschädigt. Die Anreise Flug nach Phuket, von dort aus werden vor allem Tauchausflüge angeboten. Oder mit dem Bus nach Phang Na und von dort aus weiter mit dem Boot, dauert dreizehn Stunden. Schneller geht es mit der Fähre vom Highway 4 aus (sechs Kilometer nördlich von Kuraburi zwischen Takua Pa und Kapoe). Die Überfahrt dauert dann vier Stunden. Kontakt: Visitor’s Center of Koh Surin Nua, Telefon 076 491 378
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