Kinderzeit:
Faszination Spielzeug
In ihrer Kolumne erzählt Ute Bäuchl von den Erlebnissen mit ihrem 3-jährigen Sohn in Thailand. Heute geht es um knallbunte Spielsachen und andere fröhliche Zeitvertreibe.„Haben
wollen, haben wollen”, ruft Anton mir mit einem flehenden Blick zu und um sein Anliegen noch zu untermalen, zieht er mich zielstrebig Richtung Spielabteilung des Kaufhauses und bleibt dort vor den riesigen Robotern stehen. “Den da, den da”, ruft er und zeigt auf ein 50 Zentimeter großes Ungetüm, das mit alienhaften Piepstönen um die Gunst der Kinder und Kaufkraft der armen Eltern wirbt. ”Klar, du bist echt was Besonderes”, denke ich und Plastik-Kram ist angesagt in Thailands Spiele-Läden: Zuhause stapeln sich schon fies dreinblickende Monster, leuchtende Space-Raketen und weitere schaurige Wesen aus dem All. Ich suche verzweifelt nach einem Ausweg: Soll ich an Antons Vernunft appellieren, ihn lieber einfach wegzerren (und damit einen Schreikrampf mit Bodenwerfaktion riskieren) oder einfach mal die chinesische Variante ausprobieren?
Ich versuche letztere. Diese Methode soll, so hat mir meine chinesische Freundin Coco erzählt, zumindest bei ihrer gleichaltrigen Tochter wahre Wunder wirken. Und sie ist ganz einfach: Ich lasse Anton einfach alles in den kleinen Kaufhaus-Tragekorb laden, was ihm gefällt. Und darin landen natürlich gleich zwei der besagten piepsenden Roboter, ein knallrotes Feuerwehrauto und ein Teddybär mit knuffigem Gesicht. Das “Einkaufen” scheint Anton richtig Spaß zu machen und auf dem Weg zur Kasse finden noch ein Männerdeo, eine Packung Kaugummis und ein ganzes Set von rosa Tupperdosen ihren Weg in den Korb.
Nun muss ich nur noch den richtigen Moment abwarten, in dem ich die ungewollten Objekte der Begierde schnell hinter einem Regal verschwinden lasse. Coco sagt das sei ein Kinderspiel und ihre Jovi würde diese dann sofort vergessen. Doch Anton durchschaut mein falsches Spiel sogleich, entdeckt das Versteck, wirft mir einen ganz vorwurfsvollen Blick zu und fängt fürchterlich an zu schluchzen. Na, super. Da hilft nur noch der Noftallplan und ich muss einen Lutscher aus meiner Tasche hervorzaubern, um ihn etwas abzulenken. Etwas beschämt verlasse ich das Kaufhaus, Anton fest an der Hand.
Doch nicht nur in Thailands riesigen Kaufhäusern und Luxusmalls mit ihren hypermodernen Spielabteilungen lockt die tägliche Verführung zum Spielzeug-Kaufrausch, dem ich – wie ich gestehen muss – auch oft unterliege. Denn so wunderbar günstig sind die meisten Quitschtiere, Bilderbücher und Kinderspiele hier und so hübsch glänzen sie in ihren poppigen Verpackungen. Auch auf den zahlreichen Straßenmärkten wimmelt es nur so von knallbunten Spielartikeln aller Art - meist aus Plastik. Aber auch filigrane, aus Bambus gefertigte Heuschrecken, die man an einem Seil baumeln lassen kann, kleine geflochtene Bastbälle und aufziehbare Blechkäfer werben hier um die kleinen Käufer. Einmal pro Woche rollt sogar ein - zu einem fahrenden Stand umgebautes - Motorrad in unsere Gasse, voll gehängt mit bunten Plastikbällen, lustigen Schwimmhilfen (so beliebt wie unpraktisch) und sogar aufgeblasenen Miniplanschbecken. Alleine der Anblick dieses fahrenden Spielmobils lässt alle Kinderherzen höher schlagen. Meines auch!
Und spielen ist beliebt in Thailand – bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen. An vielen Straßenecken spielen Tuk-Tuk-Fahrer, während sie auf den nächsten Fahrgast warten, das beliebte “Makrook Thai” - eine lokale Schachvariante mit alten Kronkorken auf selbst gemalten Brettern. Gegen Nachmittag spannen die Thais ihre Netze über die Bürgersteige und spielen “Sepak Takraw” – eine Art Volleyball mit vollem Ganzkörpereinsatz. Aber auch Badminton und Fußball gehören zu den angesagten Freizeitbeschäftigungen der Thais. Doch nichts kann die beliebten Spielautomaten und Computerspiele toppen, die in allen Kaufhäusern aufgestellt sind. Ganze Nachmittage verbringen Kinder und Jugendliche hier mit animierten Spielen.
Zum Glück ist Anton erst drei Jahre alt und ich bin noch weit davon entfernt, mit ihm über Computerspielzeiten zu diskutieren. Bis es soweit ist, genieße ich noch die kleinen Kämpfe über all die knallbunten Spielsachen - die ich ja eigentlich auch gerne alle hätte!
Ute Bäuchl
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