Morbide Attraktion: Samuis mumifizierte Mönche
Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Tempel Wat Khunaram kaum von den anderen traditionellen Tempelanlagen Thailand. Klassisch gehalten und im typischen Stil errichtet, können Einheimische und Touristen kostenfrei den Tempel besuchen und Opfer darbringen oder beten. Es gibt allerdings noch einen anderen Grund, warum der Wat Khunaram auf Koh Samui so beliebt ist – im Inneren befindet sich seit vielen Jahren eine Besonderheit: Ein mumifizierter Mönch, der aufrecht im Lotussitz in einer Glasvitrine sitzt. Doch ist die Mumie echt und was hat es mit dem betenden Mönch auf sich?
Warum ist der Tempel Wat Khunaram auf Koh Samui so beliebt?
Der Grund, warum so viele Menschen jeden Tag den Tempel aufsuchen, ist dem mumifizierten Mönchen Luan Por Daeng geschuldet. Der Mönch, der einst Phra Khru Samathakittikhun hieß, sitzt in einer aus Glas gefertigten Vitrine. Seinerzeit entsagte er im fortgeschrittenem Alter dem normalen Leben, lebte fortan als Mönch weiter, unterrichtete 20 Jahre lang und gab die Lehren Buddhas an seine Schüler weiter.
Als Luan Por Daeng seinen Tod kommen sah, leitete er spezielle Anweisungen in die Wege, damit sein Körper haltbar gemacht werden sollte. Bis heute sitzt der Mönch gut erhalten in der Vitrine. Nur eine Ray Ban Sonnenbrille ist zu späteren Zeiten hinzugefügt worden. Doch warum wird so viel Aufhebens um den mumifizierten Mönch gemacht?
Luan Por Daeng war während seiner kurzen Zeit als Mönch offenbar sehr beliebt. Sein Handeln löste bei den Gläubigen und anderen Mönchen großen Eindruck aus. So spendete Luan Por Daeng, der einst ein erfolgreicher Geschäftsmann war, Bedürftigen nicht nur Geld, sondern auch Kleidung, Nahrung und Medizin, die im Zweiten Weltkrieg dringend benötigt wurde. Nach seiner Ordination widmete sich Luan Por Daeng verschiedenen Meditationstechniken und erhielt den Rang des Meistermeditators. Vor allem die Vipassana Meditation, mit der Mönche „klarer sehen“ können, fand bei ihm großen Anklang. Er konnte angeblich 15 Tage durchgehend meditieren und bewegte sich zu dieser Zeit kaum. Er nahm kein Essen zu sich und trank auch nur sehr wenig.
Er wurde aufgrund dessen von den hiesigen Ärzten gewarnt, da er durch den Verzicht von Flüssigkeit und Nahrung seinem Körper schweren Schaden zufügen würde. Dennoch hörte der Mönch nicht auf die Warnungen und ging seinen Meditationsriten weiter nach.
Durch den bewussten Verzicht auf Nahrung nahm Luang Pho Daeng stark ab. Er verlor auch Muskel- und Fettgewebe und wirkte allgemein sehr geschwächt Durch seine exzentrischen Meditationen stieg die Berühmtheit des Mönchs jedoch an. Viele Bewohner aber auch Anhänger aus entfernten Teilen Thailands reisten im Laufe der Zeit an, um Luang Pho Daeng zu sehen und von ihm zu lernen.
Wie hat Luang Pho Daeng sich selbst mumifizieren können?
Ein Abt, der Luang Pho Daeng diente, erzählte später, dass der Mönch sein Ableben kommen sah. Er gab zudem bekannt, dass er sich selbst mumifizieren wolle, auch wenn es sich dabei um einen sehr langen und durchaus quälenden Prozess handeln musste. Er ließ andere Mönche einen stehenden Sarg aus Glas errichten, in dem sein Körper für die Öffentlichkeit ausgestellt werden sollte. Luan Pho Daeng wollte nämlich unbedingt, dass seine körperlichen Überreste als Beweis für den ewigen buddhistischen Glauben und somit die Unsterblichkeit der Mönche für die Nachwelt erhalten bleiben sollten.
Einen genauen Ablauf über die Selbstmumifizierung ist allerdings von den Mönchen des Tempels Wat Khunaram nicht aufgezeichnet worden. Allerdings gibt es auch heute noch Quellen, die besagten, dass ein spezieller Prozess, der insgesamt neun Jahre andauert, nötig ist, um sich selbst zu mumifizieren.
Ablauf der Selbstmumifizierung
Die Mönche beginnen damit, immer weniger Nahrung zu sich zu nehmen. Wenn sie etwas essen, dann ernähren sie sich ausschließlich von Nüssen, Blüten und Samen. Auch Obst und Beeren sind erlaubt. Allerdings dürfen diese Zutaten nur in geringem Maß eingenommen werden. Zusätzlich kommt ein Programm hinzu, das körperlich schwere Bewegungen umfasst und welche während der ersten Periode um die 1000 Tage durchgeführt werden muss.
Während dieser Zeit schränken die Mönche die Nahrungsaufnahme weiter ein. Sie nehmen lediglich Rinden, Wurzeln und Früchte zu sich. Gegen Ende der Periode trinken Sie ein spezielles Gebräu – einem Saft vom Urushi-Baum.
Der Saft ist giftig und gilt als Naturlack. Personen, die diesen Baumsaft aufnehmen, fühlen sich schlecht und müssen häufig erbrechen. Somit kann der Körper die ohnehin spärlich aufgenommenen Vitamine nicht verwerten. Der Körper verliert zudem vermehrt Flüssigkeit, was zu Schwäche und Dehydrierung führt. Allerdings fördert der Saft die Konservierung des Körpers, weshalb Luang Pho Daeng den Naturlack weiterhin aufnahm.
Häufig besteht ein Mönch, der die Selbstmumifizierung vornimmt, kaum mehr als aus Haut und Knochen. Hat ein Mönch diesen Punkt erreicht, begibt er sich in ein steiniges Grab, das gerade soviel Platz bietet, um sich hineinzusetzen. Lediglich ein kleines Loch dient der Sauerstoffübertragung. Täglich klingelt der Mönch eine kleine Glocke, um andere Mönche wissen zu lassen, dass er noch am Leben ist. Verklingt das Läuten, entfernen andere Mönchen den Sauerstoffzugang und versiegeln das Grab für 1000 Tage. Nach dieser Zeit wird das Grab geöffnet, um zu kontrollieren, ob die Selbstmumifizierung gelungen ist. Ist dies der Fall, wird der erhaltene Körper ausgestellt. Zudem wird aufgrund der Selbstbeherrschung der Mönch zum Buddha erklärt.
Im Fall von Luan Pho Daeng ist kein genaues Todesdatum bekannt. Als er im Laufe des Jahres 1973 entdeckt wurde, bauten die Mönche den aufrechten Glassarg zu Ende und setzten seinen Körper – wie befohlen – hinein.
Was ist heute noch vom mumifizierten Mönch übrig?
Wie es scheint, sind auch mehr als 50 Jahre nach der Selbstmumifizierung alle Organe mitsamt Gehirn noch gut erhalten, wie Untersuchungen belegen. Sogar die Haut, die lediglich eingeschrumpft ist, scheint noch intakt zu sein. Lediglich die Augen sind mit der Zeit verrottet. Um den Besuchern den Anblick angenehmer zu gestalten, trägt Luan Pho Daeng inzwischen eine Ray Ban Sonnenbrille – seither ist die Mumie eine wahre Attraktion und wird täglich von vielen Besuchern geehrt.
Die Mönche des Tempels haben nichts dagegen, dass Besucher Fotos oder Videos von Luang Pho Daeng machen, solange das Bildmaterial respektvoll ist und in Würde in die Öffentlichkeit getragen wird.
Gibt es noch weitere mumifizierte Mönche?
In vielen Teilen Asiens gibt es mumifizierte Mönche, die zur Schau ausgestellt werden. Die Rede ist dabei immer wieder von Sokushinbutsu, was übersetzt „Buddha im eigenen Körper“ bedeutet. Die Lehren gehen vom japanischen Mönch Kukai zurück, der 835 n. Chr. starb, aber seinen Anhängern die Lehren der tiefen Meditation vermittelte.
Eine Legende besagt, dass Kukai in ca. 5 Millionen Jahren nach Japan zurückkehrt, um Gläubige in Empfang zu nehmen und sie ins Nirvana zu führen.
Nicht alle Mönche, die diese mehrjährige Leidensprozedur durchlaufen haben, konnten ihr Ziel erreichen. Wurde das Grab geöffnet und auch nur die kleinste Spur von Verwesung festgestellt, musste ein klassisches Begräbnis angeordnet werden. Der Mönch hatte demnach umsonst gelitten.
Trotzdem läuft das Geschäft mit den mumifizierten Mönchen bis heute gut. Während einige Tempel zwar kostenlosen Eintritt gewähren, verkaufen sie dennoch Souvenirs wie Buddha-Statue oder Talismane. Diese Talismane werden übrigens aus alten Mönchkleidungen gefertigt, die der Tradition gemäß alle zwölf Jahre von den Mönchen ausgetauscht wird.
Seit 1903 ist das Ritual des Sokushinbutsu verboten. Priester und somit Mönche sollen nicht mehr die erbärmlichen Folgen und qualvollen Schmerzen, die mit der Selbstmumifizierung einhergehen, erleiden.
Noch skurriler ist, dass sich derartige Rituale oder die Art der Selbstmumifizierung nicht in den Lehren der buddhistischen Welt wiederfinden. Es gibt keine Schriften oder kanonischen Texte, die irgendwelche Hinweise oder Beispiele für derartige Praxen geben. Experten für Buddhismus-Kunde sind sogar unlängst der Ansicht, dass Buddha diese Lebensform nicht gelehrt hat.
Trotzdem wurde die Selbstmumifizierung über viele Jahrhunderte praktiziert und war in vielen Teilen Asiens – von der Mongolei über China und Thailand bis nach Japan – bekannt. Die erste bekannte buddhistische Mumie kommt aus China und stammt aus dem dritten Jahrhundert. Zudem wurden mumifizierte Mönchen in China, Vietnam und Taiwan häufig vergoldet, was in Japan, der Mongolei, Tibet und Thailand weniger der Fall ist. In der Regel wurde jedoch jeder Leichnam immer gefeiert und kunstvoll geschmückt.
Luang Phor Daeng - Wat Khunaram
Luang Por Ruam - Wat Kiri Wongkaram
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