Nahrungsgrundlage für die Hälfte der Weltbevölkerung:

Das kleine Korn, das die Welt ernährt

Es wiegt gerade mal 25 Milligramm und ist Nahrungsgrundlage für die Hälfte der Weltbevölkerung: Das Reiskorn. Noch bis vor kurzem galt Reis als sicherer Wert und als erschwinglich, auch für die ärmsten Länder der Welt. Seit ein paar Monaten hat sich dies aber geändert.


Der Preis für das kleine Korn hatte sich in den letzten Monaten kurzfristig verdreifacht und verursachte an einigen Orten auf der Welt bereits knurrende Mägen. Während Organisationen wie etwa das UN-Welternährungsprogramm bereits das Gespenst einer weltweiten Nahrungsmittelkrise an die Wand malten, herrschte in Thailand Goldgräberstimmung. Mittlerweile hat sich die Lage etwas entspannt, aber die Reisbauern stehen weiterhin unter Druck. Der thailändische Premierminister Samak Sundarevj sah Thailand schon als Kuwait Südostasiens und träumte von einem Reiskartell, das ähnlich wie bei den Ölproduzenten die Reispreise hochhalten sollte. Doch der Vergleich hinkt gewaltig.

Händler sind die Gewinner

Lantom Jannu seufzt, während sie mit hektischen Bewegungen die letzten paar Hände voll Dünger über die grellgrünen Halme ihres kleinen Reisfeldes schmeißt. „Das muss reichen!“ sagt sie, denn mehr Dünger habe sie nicht, er sei zu teuer. Die Mutter von zwei Kindern lebt in einem einfachen Holzhaus auf Stelzen direkt am Rande ihres Reisfeldes in Bang Rachan, einem kleinen Dorf rund 100 Kilometer nördlich von Bangkok. Wie die meisten Leute in dieser Provinz lebt sie mit ihrer insgesamt siebenköpfigen Familie praktisch ausschließlich vom Reisanbau. Es sei eine Lüge, wenn die Politiker behaupten, dass die Bauern von den hohen Preisen profitieren, sagt sie. Denn mit dem Reispreis seien automatisch auch die Kosten für Dünger und Saatgut gestiegen: „Die einzigen die davon profitieren sind die Reismüller und die Händler“, davon ist Lantom Jannu überzeugt. Und damit hat sie sicher nicht Unrecht. Denn wie sich gezeigt hat, war die Reiskrise der letzten Monate zu einem Großteil eine Folge von Spekulationen an den internationalen Märkten. Die gestiegene Nachfrage aus Ländern wie China und Indien spielte in der Preisentwicklung nur eine kleine Rolle, obwohl gerade Länder wie Thailand dies gerne als Grund für die explodierenden Preise ins Feld führten, sagen Finanzexperten.

Reis ist nicht gleich Öl

Zu gerne hätten die Politiker Thailands ihre Macht als weltweit größte Reisexporteure mehr ausgespielt. Doch ausgerechnet die Leute, die wohl am besten Bescheid wissen welche Gewinne mit Reis wirklich zu erzielen sind, haben ihnen jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht: Der Verband der thailändischen Reisexporteure glaubte von Anfang an nicht an die Träume der Regierung und belehrte sogar Premierminister Samak eines besseren. Der Reisanbau sei keinesfalls mit der Gewinnung von Erdöl zu vergleichen, sagte der Präsident des Verbandes, denn im Vergleich zu Öl werde Reis von ganz vielen Kleinbauern produziert und nicht von wenigen großen Gesellschaften kontrolliert. Und damit meinte er eben Menschen wie zum Beispiel Lantom Jannu. Kleinbauern, die der Krise zum Trotz den letzten Baht ausgegeben haben um damit neues Saatgut für die nächste Ernte zu kaufen. Viele von ihnen haben angesichts der Knappheit sogar zusätzlich Reis angebaut, was sich nun bereits in der Juni-Ernte bemerkbar macht: Statt wie normal 4,2 Millionen Tonnen werden dieses Mal voraussichtlich 4,9 Millionen Tonnen Reis geerntet. Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass ein Reiskartell, wie es sich mancher Politiker gerne wünscht, gar nicht umsetzbar ist. Denn nach wie vor ist der Reisanbau in Thailand in den Händen vieler Kleinbauern, die sich nur schwer ans Gängelband nehmen lassen. Bewiesen haben sie ihre Macht erst vor kurzem, als sie drohten mit ihren Traktoren die wichtigsten Einfallstraßen nach Bangkok zu versperren – und die Regierung so dazu brachten, die fallenden Preise mit Stützkäufen aufzufangen.

Pascal Nufer

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