Thaiboxen:
„Irgendwann kommt der Schmerz“
Muay-Thai ist nicht nur ein Sport für Türsteher. Auch wer niemals in einen Ring steigen will, kann sich damit fit halten. Denn beim Thaiboxen gilt: Das Training ist der Kampf.
30 Kilo hat Yana abgenommen, seit sie mit Thaiboxen angefangen hat. Das sind fast so viele Pfunde wie der Sandsack wiegt, den die 33-jährige Amerikanerin gerade eben verprügelt hat. „Vor einem Jahr habe ich Thaiboxen nur als Videospiel gekannt“, erzählt sie in einer Trainingspause, „dann wollte ich was für meinen Körper tun. Und jetzt bin ich süchtig nach diesem Sport.“
Der Körper der braungelockten Amerikanerin ist immer noch massig, aber was sie an Gewicht verloren hat, scheint sie an Selbstbewusstsein gewonnen zu haben. Yana gehört zu einer Gruppe von rund 20 Leuten, die an diesem Abend in der Trainingshalle der Muay-Thai-Schule Superpro auf Koh Samui schwitzen. Der Raum ist vollgestopft mit zwei Kampfringen und dem schweren Eisen der Fitnessgeräte. Sechs Sandsäcken baumeln von der niedrigen Decke. Im Hintergrund läuft Hip-Hop, die Wände sind mit Spiegeln zugehängt.
Die Besucher kommen von überall her, der jüngste ist erst 18, die ältesten Anfang 40. Männer sind in der Mehrheit. Es wird viel gescherzt, die Atmosphäre ist trotz der Konzentration, mit der jeder seine Übungen vollzieht, entspannt. Robbie Timmers, Besitzer der Schule, deutet auf Yana. „Die werden wir hier wohl nicht mehr los.“ „Das hab ich gehört“, sagt sie und muss grinsen.
Mütter und Kinder statt fiese Schläger
Timmers hat für jeden seiner Gäste einen Spruch auf Lager. Der Holländer ist Anfang 30, vor drei Jahren hat er die Schule eröffnet. Die Geschäfte laufen gut. „Muay-Thai hat einen enormen Imagewandel hinter sich“, sagt Timmers. Es sei längst nicht mehr ein Sport für tätowierte Rabauken, mittlerweile kämen auch Mütter mit ihren Kindern und möchten Thaiboxen lernen. Der Muay-Thai-Kurs als Urlaubserfahrung: Ein Souvenir mit Authentizität – und in vielen Fällen auch mit Nachhaltigkeit. Nach dem lockeren Geplauder kehrt in der Halle disziplinierte Ruhe ein. Ein paar Aufwärmübungen, dann wird mit Schattenboxen losgelegt.Die Rache des Sandsacks
Die Trainer machen die Bewegungen vor und korrigieren zwischendurch die Technik der Schüler. Muay-Thai ist nicht nur Kraft, sondern vor allem Koordination. Nach dem Grundlagentraining teilt sich die Gruppe. Die Fortgeschrittenen üben sich in Kampfsituationen, die Anfänger feilen an ihrer Technik. Die Sandsäcke müssen saftig einstecken, teilen aber auch aus – schließlich sind sie nicht aus Watte. „Irgendwann kommt der Schmerz“, sagt eine schweißgebadete Yana. Nach anderthalb Stunden läutet die Schlussglocke. Alle Teilnehmer machen gemeinsam Dehnübungen. Sie spenden sich gegenseitig Applaus, weil sie eine Erfahrung teilen. Jeder von ihnen hat nach dem harten Thaibox-Training einen Sieg über sich selbst errungen. Für Yana steht fest: Sie wird auch in ihrer Heimat weiter Muay Thai trainieren. Ihr Thailand-Souvenir soll schließlich gepflegt werden.Weitere Artikel zum Muay-Thai-Spezial
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Muay-Thai-Schulen und -Camps gibt es in jeder Stadt und auf jeder Insel in Thailand, meistens in großer Auswahl. Es lohnt sich, Preise, Trainer und Austattung zu vergleichen. Mit ein bisschen Mut darf man auch in ein Muay-Thai-Gym spazieren, und die Profis fragen, ob man mittrainieren darf. Hier bekommt man meistens eine kurze und kostenlose Einführung und bei Interesse einen Trainer vermittelt.
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